Der Ritt durchs Havelland

Erlebnisreicher Barockpferde-Wanderritt im Brandenburgischen Fehrbellin

Dass die Welt auf dem Rücken der Pferde erobert wurde, hat Theodor Fontane ganz sicher gewußt, wenngleich seine Wanderungen durch die Mark Brandenburg wohl eher zu Fuß und in Kutschen vonstatten gingen. Die Landschaft und die Menschen, die er so trefflich beschrieben hat, haben bis in unsere Tage hinein nichts an ihrer Anschaulichkeit verloren...

Auf dem Weg zu dem von Nicole Puhlmann organisierten 2. Barockpferde-Wanderritt am 4. August 2001, mit Ausgangspunkt in Fehrbellin, kamen mir Gedanken dieser Art, zumal der Ort des Sammelns für die Teilnehmer nicht weit von Ribbeckshorst gelegen ist, dem einstigen Sitz des  “Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland”, dem Fontane ein gleichnamiges Gedicht gewidmet hat, und der, wie es die Legende besagt, lange Zeit durch seinen Birnbaum Segen auf Ribbeck im Havelland spendete...

Das war meine Einstimmung auf eine Landschaft im Brandenburgischen, die wir uns, aus Cottbus kommend, gemeinsam mit meiner Frau Annette, unserem Sohn Christoph und Matthias, einem guten Freund der Familie, auf dem Rücken unserer beiden Friesenpferde “Leo” und “Titus” sowie als Mitfahrer in der Kutsche von Detlef Elling, dem Vorsitzenden der Region Ost der Deutschen Friesenpferde-Züchter im F.P.S., ein wenig erschließen wollten, zumal sie uns bislang so gänzlich unbekannt war. Nicht verschwiegen werden sollte, daß dies der erste Wanderritt für die Friesen und ihre Reiter waren, die beide keinerlei Vorstellung von der Länge der Wegstrecke und der Dauer des Rittes hatten. Mir schien, es war ihnen wohl auch egal, denn der Reiz einer neuen Erfahrung, die Herausforderung und Erlebnis in sich vereinte, überwog. Doch nicht nur die Reiter, Annette auf dem sechsjährigen Hengst “Leo” und Matthias auf dem vierjährigen Wallach “Titus”, waren voller Erwartung an diesem Tag sondern ebenso Christoph und ich, die wir zunächst auf der von Detlef Elling gefahren Zweispänner-Kutsche Platz nahmen, erhofften uns einen wunderschönen Tag, der sich so auch erfüllen sollte...

Insgesamt nahmen 45 Personen und 24 Pferde an der Veranstaltung teil, die sich als respektabler Wandertreck auf den Weg machten. Das Tempo war angenehm, die Stimmung prächtig, und das Wetter allen Teilnehmern wohlgesonnen. So ging es kreuz und quer durch die Prignitz; meist Nicole Puhlmann, als sachkundige “Führerin”,  voran, die sich in dieser Landschaft ausgezeichnet auskennt. Die Strecke wurde von ihr sorgfältig gewählt und gab den einzelnen Reitern zwischen langen Schritt-Strecken genügend Möglichkeiten zum Traben und Gallopieren. Jeder konnte sich dabei nach seinen individuellen Fähigkeiten ausprobieren...

Nach reichlich zwei Stunden hatte meine Frau Annette ein Einsehen mit unserem Sohn, der längst unruhig auf Ellings Kutsche saß und nun endlich mit “Leo” weiterreiten wollte. Beide gehören noch nicht zur Gilde der erfahrenen und geübten Reiter, so daß sie bereits im vorhinein vereinbart hatten, sich die Wegstrecke zu teilen. Mithin kam für beide eine dreiviertel Stunde später die verdiente Pause auf  dem Arabergestüt “Eichenhof” in Wutzetz gerade recht. Ein üppiges Buffet mit allerlei Leckereien und angenehm temperierte Getränke waren auch für die übrigen Teilnehmer willkommener Labsal nach den anstrengenden Kilometern zu Pferd und Wagen. Manch einer behauptet ja, daß schönste im Leben seien die Pausen. Was freilich nicht immer zutrifft. In diesem Fall hätte sie fast noch länger sein können, so interessant waren die Gespräche und Kontakte untereinander. Da wurden Erfahrungen ausgetauscht, über Erlebnisse berichtet und manche neue Freundschaft geschlossen. Auch für die Pferde war prächtig gesorgt worden, denen die Strecke ebenso in den Knochen steckte, wie den über die Wiese verteilt liegenden oder an Tischen sitzenden Reitern, Fahrern und Mitfahrern...

Bekanntlich führen nicht selten die Wege wieder zurück zum Ausgangspunkt, so auch an diesem erlebnisreichen, wunderschönen Tag in der Prignitz. Fast alle hielten tapfer durch, um von Fehrbellin aus wieder die Heimreise anzutreten. Unsere Friesenpferde “Leo” und “Titus” wußten was sie hinter sich gebracht hatten und waren noch ein, zwei Tage danach tüchtig ausgearbeitet....

“Sich anzugehören ist der einzige begehrenswerte Lebensluxus”, schrieb Theodor Fontane 1876. Sinnfälliger kann man einen solchen Tag für sich nicht verinnerlichen. Zu hoffen bleibt, daß auch im kommenden Jahr der Wanderritt im Brandenburgischen stattfindet. Wer Nicole Puhlmann kennt, weiß, daß sie mit ihrer Tatkraft und dem charmanten Temperament, unterstützt von ihren vielen Helfern,  ganz sicher dafür sorgen wird. Mehr dazu ist im Internet unter: www.friesenstammtisch.de zu erfahren...

 

Ullrich Wallenburg